Santorini -> Folégandros
Dieser Tag sollte der aufregendste des ganzen Urlaubs werden, dabei begann alles ganz harmlos! Nach dem Frühstück (French Toast, darauf ein mit Honig angemachter Fruchtsalat und knusprig gebratener Speck - klingt pervers, schmeckt aber traumhaft!) legten wir am späten Vormittag Richtung Folégandros ab. Die Südwestküste Thira´s entlang ging es noch wunderbar...
Bevor wir aus dem Windschatten der Inseln aufs offene Meer kamen, merkte
man bereits dass der Wind heute ganz schön blies. Theo bat mich, mal
kurz das Steuer zu übernehmen, und verschwand unter Deck. Nach ein
paar Minuten kam er wieder rauf, und hatte Ölzeug angelegt! Das machte
uns aber noch keine Sorgen, denn ein paar Wellen waren durchaus eine willkommene
Abkühlung. Als aber praktisch jede Welle vom Bug bis nach hinten zum
Steuerstand übers Deck schwappte, wurde es schön langsam ungemütlich.
Wir holten also auch alle unsere mitgebrachten Regenjacken raus, um nicht
bis auf die Haut durchnässt zu werden.
Mit der Zeit begann das Salzwasser ganz schön im Gesicht zu brennen,
denn auch wenn man versuchte sich bei jeder Welle wegzudrehen schaffte
man es nicht immer. Mittlerweile hatten wir Windstärke 7 und die
Wellen waren bereits an die 2 m hoch. Das Boot hatte ziemliche Schräglage,
und sogar das Sitzen war anstrengend.
So ging es eine Weile, und es wurde immer ärger. Theo beschloss dann,
das Genua-Segel einzuholen. Rene und ich kurbelten was das Zeug hielt,
und als das Segel bereits eingerollt war und wir die Seile fixieren wollten,
entrollte es sich mit einem Schlag wieder. Theo warf uns einen verdutzten
Blick zu, denn er dachte zuerst wir hätten vielleicht losgelassen.
Als er sah dass wir aber die Seile noch in der Hand hatten, sagte er nur
ein Wort: "Shit!" Er übergab mir das Steuer und machte sich auf den
Weg übers Deck nach vorne, was bei dem Wellengang wirklich nicht einfach
war. Am Bug angekommen, untersuchte er kurz die Seiltrommel, während
das Segel über ihm wild im stürmischen Wind flatterte. Er schrie
irgendetwas zu uns zurück, aber durch den Wind und die Wellen konnte
man überhaupt nichts verstehen. Er deutete, dass jemand zu ihm vorkommen
sollte. Werner arbeitete sich auf allen Vieren nach vor. Als er etwa auf
halbem Weg war, tauchte das Boot wieder in ein Wellental und unter ihm
weg. Er hob kurz ab und landete unsanft auf den Knien. Vorn angelangt begannen
sie zusammen das Segel zu bergen, Theo deutete dann dass wir uns an der
Reling aufstellen sollten. So rollten und schlugen wir es zusammen und
brachten es dann unter Deck. Während der ganzen Zeit versuchte ich
am Steuer, die Wellen so gut es ging zu "schneiden", was mir aber zugegebenermaßen
nicht immer gelang. Als ich an den folgenden Tagen immer wieder mal das
Steuer übernahm, meinte Reinhard dann oft in Anspielung daran "er
lässt schon wieder kein Schlagloch aus...".
Nachdem wir das Segel versorgt hatten, saßen wir alle um den
Steuerstand herum und keiner sagte ein Wort. Nach einem kurzen Augenblick
schüttelte Theo jedem die Hand, klopfte uns auf die Schultern und
sagte "Good job - good job!!". Das tat gut, und ich denke wir haben diese
Feuertaufe wirklich gut gemeistert, denn es war doch ganz schön gefährlich.
Den Rest der Strecke bis Folégandros fuhren wir mit dem Motor.
Als wir in Várdia einliefen, waren wir ganz schön durchgefroren,
und die Sonne war eine Wohltat. Der Wind hatte in Inselnähe merklich
nachgelassen. Beim Anlegen wurden wir von allen anderen Crews erstaunt
beobachtet, wir waren ja noch alle in Regensachen gehüllt und völlig
durchnässt, während im Hafen die Sonne herunter brannte.
Nach dem Anlegen bekamen wir noch ein Kompliment: Christina wurde von einer
anderen Crew gefragt, ob wir eine Segelschule wären, weil alle auf
ein Kommando hörten und alles so koordiniert ablief...
Bald sah unser Boot wie ein einzige Wäscheleine aus - an jeder
erdenklichen Stelle wurden Jacken, T-Shirts, Hosen, Schuhe, Wäsche
zum Trocknen aufgehängt. Theo untersuchte die Seiltrommel und stellte
fest, dass sie gebrochen war. Er rief seine Agentur an und bestellte eine
Ersatztrommel, die am übernächsten Tag nach Milos geliefert werden
sollte.
Am Abend fuhren wir mit dem Bus hinauf zur Chóra, und ich denke, ein viel schöneres Fleckchen wird es auf den Kykladen kaum wo geben.
Theo kannte eine ganz besondere Taverne, in welcher man - ohne etwas Bestimmtes zu bestellen - einfach nur sagte, wenn man genug hatte und nichts mehr wollte. Der Kellner war wirklich ein Unikum ("Turbo-Service!") und unterhielt die Gäste mit seinen Späßen. Das Essen war traumhaft, es gab einfach alles - kalte und warme Vorspeisen, verschiedene Hauptspeisen, Fleisch, Meeresgetier, jede Menge Beilagen und als Dessert Loukumades, das sind kleine frittierte Brandteigbällchen in Honig - yammieyammie!! Dazu gab´s noch einen ausgezeichneten griechischen Wein, es war einfach perfekt.
Eine besondere Spezialität des Kellners ist sein "Spezialcocktail" - Ouzo, Metaxá und noch ein dritter Schnaps über einen Trichter direkt in den Mund geschenkt - Yammas!
Danach zeigte uns Theo noch eine tolle Bar, die direkt an die Steilküste
gebaut war - wenn man die nicht kennt findet man sie als "normaler" Tourist
sicher nie!
Da nach Mitternacht kein Bus mehr runter zum Hafen fährt, wir
aber das einzige (!) Taxi der Insel nicht erreichen konnten, machten wir
uns also nach einem letzten Stop in einer weiteren Bar zu Fuß auf
den etwa 3 km langen Weg. Dieser nächtliche Spaziergang war auch sehr
schön und wirklich angenehm, da es ja nur bergab ging.